Bericht

„Am Anfang danke ich allen auf dieser schönen Sammlung. Hier fühlte ich einen wirklichen Sinn des Lebens in Frieden. Abseits von Hass. Und noch etwas mochte ich mit einigen als eine Familie leben. Und ich hoffe, dass wir uns wieder treffen. Und es war das Schönste, was in meinem Leben hier bei Ihnen zu sein. Es gibt keine irgendwelche Negative, weil alle Herzen rein. Und die Entdeckung natürlicher und bleiben weg von Technologie. Und die Musik war sehr schön. Meine herzlichen Grüße an alle. Und entschuldigte sich für jede unangemessene Verhalten von mir oder meinen Freunden.“

 

Mohammad Attanari, als Reflektion des Utopia-Lightning-Sommercamps

 

Eine Woche haben rund 15 Jugendliche und Erwachsene auf dem Gelände der Flüchtlingsunterkünfte am Cyriax gecampt, um mit den Geflüchteten in einer WohlfühlAtmosphäre in intensive Begegnung und Austausch zu kommen.

 

„Uns war es wichtig einen Raum zu schaffen, der intensive Begegnung und Potential- wie Selbstentfaltung ermöglicht.“ Sofia Engel, die zusammen mit Christoffer Schäle, die Vision zu diesem Camp geträumt hat. „Bei uns fängt ein Projekt vor der Planung mit dem gemeinsamen Traum an, damit unsere schöpferische Herzensenergie während des gesamten Camps in vollem Potential wirken kann.“ erklärt Christoffer die Projektplanungsmethode Dragon Dreaming.

 

Diese Begeisterung und Motivation zu diesem Camp ist überall zu spüren, ob in der Infrastruktur, der Dekoration, dem veganen Essen, der Musik oder dem familiären Miteinander.

 

 

Gleich am ersten Abend wurde zusammen der Film Home geschaut. Auf arabisch mit deutschen Untertiteln. Der Film zeigt wie die Erde entstanden ist, die Menschen lernten den Boden zu kultivieren und schließlich durch die Entdeckung des Erdöls den Planeten global auf die letzten Bodenschätze ausbeuten. Nach all der Schönheit die zu Beginn des Films gezeigt wird, sind die Bilder von Urbanisierung, Slums und Umweltzerstörung ziemlich herunterziehend. Doch die Geflüchteten, zum großen Teil Syrer, haben zum Teil den Film schonmal gesehen und erzählen, dass oft die Leute denken, sie kämen aus einer mittelalterlichen Welt und wüssten über Modernes und globale Geschehnisse nicht Bescheid. Der erste Abend endet mit Gesprächen über Zukunftsvisionen, Nachhaltigkeit und inwiefern Fleischkonsum eine Fluchtursache für viele Menschen ist.

 

Am nächsten Morgen startet die bunte Gruppe von jungen bis älteren Erwachsenen aus Overath, Köln und der Region nachdem Frühstück mit einer Morgenrunde. Die beiden Raumöffner Sofia und Christoffer erklären, dass jede*r mitverantwortlich ist für einen reibungslosen Ablauf des Camps und jede*r dieses Camp mitgestalten kann. Darauf werden Wünsche und Bedürfnisse gesammelt, die die Anwesenden für dieses Camp in sich tragen: Kein Alkohol, kein Fleisch und kein Müll auf dem Campinggelände landet schließlich auf dem Plakat. Da die Temperaturen heute schon früh die 30°C erreichen, kommt auch gleich das Thema der angemessenen Bekleidung auf. Mohammed (Name geändert) übersetzt vom Arabischen aufs Englische: „Es ist uns egal, was ihr tragt, ob ihr ärmlich oder eitel gekleidet seid, oder gar nichts tragt. Wir schauen in eure Augen und eure Herzen.“ Die Gedanken, dass Menschen aus dem Arabischen Raum womöglich potentielle Terroristen oder Vergewaltiger sein könnten, scheinen im Raum zu schweben und bei jedem einmal aufzuploppen. Ebenso bei den Geflüchteten, die spüren, wenn sie misstrauisch beäugt werden.

 

Gut, dass hier Vorurteile und Bedenken nicht verschwiegen, sondern ausgesprochen werden, damit sie sich auflösen können. „Das wichtigste ist über alles zu sprechen. Wir sind alle Menschen, die einander verstehen und fühlen können. Wir möchten keine Paranoia-Gedanken-Barrieren zwischen uns entstehen lassen.“ bekundet Sofia.

 

Mit jedem Tag wächst das Vertrauen und der familiäre Umgang miteinander. Es wird viel in der Agger geschwommen, Vertrauens- und Kennenlernspiele, sowie Fußball gespielt. Vor allem aber gesungen, musiziert und getanzt. Arabische Musik mit arabischem Tanz bei dem sich alle an den Händen halten oder Weltmusik mit individuellem Ausdruckstanz. Kulturelle Unterschiede werden sichtbar und die Vielfalt des Zelebrierens gefeiert.

 

Die Tage vergehen fließend. Die deutsche Art jeden Tag zu strukturieren und in der Morgenrunde Zeiten für Workshops und Spielangebote festzulegen, gibt sich dem im „Flow“ sein ein wenig hin.
Der Workshop „Finde deinen Weg“ von Gereon Ingendaay verteilt sich so durch gesplittete Abschnitte auf 2 Tagen und findet zwischen dem Schwimmen an der Agger und im anderen Drumherum statt.

 

Zu Beginn dieses Workhsops werden die Teilnehmenden nach ihrem Hobby, Lieblingsfilm und Reiseland gefragt. Während die Reiseziele deutscherseits auf Südamerika und Asien fallen, wünschen sich Geflüchteten vorallem mehr durch ihr Heimatland in Frieden reisen zu können. Lieblingsfilme sind die gleichen: Matrix, Green Mile, The Fast and the Furious

 

Große Unterstützung bekam das Camp durch die BUNDjugendNRW, die das Camp finanziell getragen hat, sowie durch den neue Sozialarbeiter Tobias Birke, den die Stadt Overath zur Integration der Flüchtlinge eingestellt hat. Er hat die Schnittstellen Stadt Overath, Flüchtlingshilfe, Flüchtlinge und das Camp verbunden, sowie den Prozess der Woche begleitet.

 

„Ich bin selbst überrascht wie positiv das Camp bei den Geflüchteten angekommen ist und wie sehr es auch die Flüchtlinge untereinander zusammengebracht hat, ob Syrer, Kurden, Jesiden, Palästinenser, Inder, Serber oder Ghanaer. Eigentlich dürfte das Camp gar nicht abgebaut werden. Diese Infrastruktur, die diesen Begegnungs- und Spielraum schafft, sowie Menschen, die einfach da sind und in vertrauensvolle Verbindungen miteinander gehen, lassen Integrationsprozesse große Schritte machen.“

 

Bei allen Beteiligten lässt sich am Freitag ein kleiner Kummer spüren, dass morgen alles wieder vorbei ist.

 

Aus dem was ist und aus dem jetzt heraus wird ein großer toter Baumstamm ins Camp geschleppt. Jeder ist eingeladen diesen zu bemalen. Am Samstag wird er zum Abschluss als Erinnerung, ja als Denkmal und als Friedens- und Vertrauensinstallation mit Gesang, Geklatsche und Tanz aufgestellt.

 

 

 

In der Reflektion schreiben die Teilnehmenden, dass sie sich mehr als nur ein Utopia Lightning wünschen. Mehr als nur ein lichtvolles Aufflackern. Der Blitz (engl. Lightning) ist anscheinend voll eingeschlagen und hat genau wie es die beiden erträumt haben, seine gewünschte Wirkung getan eine Lichtkettenreaktion auszulösen: Ein UtopiaLight. Ein Licht, dass diese Begegnung und familiäre Zusammenkommen der Kulturen hier in Overath nicht vergessen lässt.

 

Ideen sind gemeinsame Wochenenden, wo vorallem auch noch mehr die Nachbarschaft eingeladen wird. Das Camp war an sich offen für jeden der dazu kommen mag, aber abgesehen von kurzen Besuchen ein paar neugieriger Overather, Gesprächen mit Zaungästen oder weiterer Aggerbadende, gab es für die Teilnehmenden zu wenig Kontakt nach außen.

 

Außerdem mehr Workhops, Upcycling: Aus Müll neue nachhaltige Produkte basteln oder das Gelände weitergestalten. Das erste Hügelbeet zum Selbstanbau aus Gemüseschnibbelresten, Totholz vom Gelände, Asche und Biokohle aus der Feuerschale ist bereits angelegt.

 

 

 

Wen dieses Utopia Lightning allein schon vom Lesen freudvoll ansteckt, ist herzlich willkommen bei kommenden Aktionen oder Projekten unterstützend ggf. auch finanziell mitzuwirken.

 

 


lieben Dank der BUNDjugendNRW für die finanzielle Unterstützung